- 26. März 2021
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- 13. Oktober 2024
Am 26. März 2021 veranstaltete das Aspen Institute Deutschland eine Online-Diskussion zum Thema „The First 100 Days of the New Government in Montenegro – Expectations Fulfilled?” mit Dr. Dušan Reljić, Büroleiter in Brüssel, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), und Dr. Zlatko Vujović, Vorstandsvorsitzender, Centre for Monitoring and Research – CeMI, Montenegro. Moderiert wurde die Diskussion von Viktoria Palm, Program Officer, Aspen Institute Deutschland.
Am 4. Dezember 2020, drei Monate nach den Parlamentswahlen in Montenegro, hat die neue Regierung ihr Amt angetreten. Zum ersten Mal seit 30 Jahren wurde eine Regierung ohne die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) und ihre traditionellen Koalitionspartner, einschließlich der Minderheitenparteien, gebildet. Die Koalitionsgespräche zwischen den Parteien der neuen Regierungsmehrheit gestalteten sich angesichts ihrer ideologischen und programmatischen Diskrepanzen als schwierig. Die neue Regierung sieht sich nicht nur Kritik von Seiten der Opposition, der Zivilgesellschaft und der internationalen Gemeinschaft, sondern auch von Abgeordneten der eigenen Regierungskoalition gegenüber. Ziel der Diskussion war es daher, die Bilanz nach den ersten 100 Tagen im Amt kritisch zu bewerten. Zentrale Diskussionspunkte waren hierbei der Bereich Rechtsstaatlichkeit und gute Regierungsführung, die geopolitische Ausrichtung der neuen Regierung sowie Fragen von gesellschaftlichem Zusammenhalt und Staatsbürgerschaft.
Hinsichtlich der Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft wurde Enttäuschung darüber geäußert, dass die neue Regierung ihre Versprechen nicht eingehalten habe, sondern vielmehr die Praxis der alten Regierung politisch motivierter Ernennungen zu imitieren scheine. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die neue Regierung vor der Herausforderung stehe, inmitten von Machtkämpfen mit der alten Regierung und einer instabilen parlamentarischen Mehrheit Strukturen zu reformieren, die über Jahrzehnte von der alten Regierung aufgebaut wurden. Trotz der Erklärungen der neuen Regierung, in ihrer Außenpolitik einen pro-europäischen und pro-NATO-Kurs zu verfolgen wurden in der Diskussion ernsthafte Bedenken geäußert, ob die EU-Integration und die Orientierung an der Außenpolitik der EU in den kommenden Monaten zu den Prioritäten der Regierung gehören werden. Diese Einschätzung basiert auf den engen Beziehungen einer Mehrheit der Regierung zu Serbien, zur serbisch-orthodoxen Kirche und Russland sowie auf umstrittenen Ernennungen und Informationslecks im Sicherheitssektor. In diesem Zusammenhang wurde auch angemerkt, dass die EU durch Nichteinhaltung ihrer Versprechen im Erweiterungsprozess den Raum für Einflussnahme und Propaganda seitens externer Akteure weiter öffne. Ein weiteres besorgniserregendes Thema, das in der Diskussion angesprochen wurde, waren die zunehmenden gesellschaftlichen und ethnischen Spannungen, polarisierende Botschaften von RegierungsvertreterInnen sowie das Thema Staatsbürgerschaft. Unter anderem wurde auf den Einfluss Serbiens im Wahlkampf sowie in der Medienlandschaft Montenegros, die Unterrepräsentation von Minderheiten in der neuen Regierung sowie auf geplante Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes hingewiesen, welche das Potenzial hätten, die Zusammensetzung der Wählerschaft zu verändern. Die EU wurde aufgefordert, den Reformprozess unter der neuen Regierung in Montenegro weiterhin kritisch zu begleiten und ihre Glaubwürdigkeit durch ein verstärktes Engagement in der Region durch finanzielle Solidarität und physische Präsenz zu stärken.
Die gesamte Diskussion ist hier verfügbar:
Die virtuelle Diskussion ist Teil des Aspen Berlin Policy Hub für Think Tanks aus dem Westbalkan, ein Projekt, das von der Open Society Foundation und dem Bundespresseamt gefördert wird.
Für weiterführende Informationen finden Sie nachfolgend das Policy Brief des Centre for Monitoring and Research (CeMI) mit dem Titel „The First 100 Days of the New Montenegrin Government“.